Anatomie

Der N. trigeminus besteht aus 3 Anteilen, dem N. ophthalmicus, dem N. maxillaris und dem N. mandibularis, welche verschiedene Funktionen übernehmen. Er ist der fünfte von zwölf Kopfnerven und ist paarig angelegt um so beide Seiten des Kopfes und seine entsprechende Muskulatur und Haut zu versorgen. Hauptsächlich vermitteln die Äste des N. trigeminus sensorische Informationen aus dem Gesichtsbereich. Zudem weist der N. trigeminus propriozeptive Eigenschaften auf, das heißt er vermittelt dem Tier Informationen über den Kiefertonus. Motorisch versorgt der N. mandibularis vor allem die Kaumuskulatur. Der N. trigeminus kann in verschieden Anteilen geschädigt werden und somit entweder zu einem Sensbilitätsverlust des innervierten Hautareals oder auch zu einer Lähmung der Kaumuskulatur führen.

Symptome

Klassisch für den Ausfall des Trigeminus ist die ein- oder beidseitige Atrophie der Kaumuskulatur im Kopfbereich durch die Beteiligung des N. mandibularis. Sind beide Seiten betroffen ist der Kiefertonus im Zuge dessen vermindert und der Kiefer hängt herab und kann nicht willentlich geschlossen werden („Drop jaw“). Außerdem kann es durch die Beteiligung der sensorischen Äste des Trigeminus zu einer verminderten Sensibilität der betroffenen Gesichtshälfte kommen. Durch den Verlust der Sensibilität am Auge kann es zu einem verminderten Blinzeln und einem sog. „trockenen Auge“ (Keratokonjunctivitis sicca) kommen. Auch Füllungen des Mittelohres (Bulla tympanica) können sekundär zu einer Lähmung des N. trigeminus auftreten. Am häufigsten ist der N. mandibularis betroffen und führt somit zu einer Kaumuskelatrophie und bei bilateraler Läsion zum sog. „Drop jaw“. Der kleinste Ast des N. trigeminus, der N. ophthalmicus ist am wenigsten häufig betroffen.

Ursachen

Eine Lähmung der Kaumuskulatur kann ein- oder beidseitig auftreten und verschiedene Ursachen haben. Sie kann idiopathisch (ohne ersichtliche Ursache), aufgrund eines Tumors, oder im Zuge einer Entzündung im Bereich des Nervens auftreten. Die idiopathische Trigeminus Neuropathie ist beim Hund am häufigsten, bei der Katze sind nur seltene Fälle beschrieben. Die idiopathische Form liegt häufig bei der bilateralen Form vor (ca.95%), wenn der Unterkiefer einen sog. „Drop jaw“ aufweist. Bei einer unilateralen Ausprägung der Symptomatik sind neoplastische Ursachen wie z.B. ein Lymphom oder ein peripherer Nervenscheidentumor, oder eine entzündliche Genese wie z.B. eine Meningoencephalitis unbekannter Genese oder infektiöse Ursachen wahrscheinlicher, eine idiopathische Genese kann jedoch auch hier vorliegen.

Der Weg zu Diagnose und Therapie

Der erste Schritt ist die neurologische Untersuchung. Dies dient zum einen der Feststellung einer Läsion am N. trigeminus in seinen sensorischen und motorischen Anteilen, zum anderen wird jedoch auch die Funktion weiterer Gehirnareale und Kopfnerven beurteilt. Dies dient der Lokalisation der Läsion und Erstellung möglicher Differentialdiagnosen, so kann es z.B. bei entzündlichen oder auch neoplastischen Erkrankungen zum Ausfall weiterer Kopfnerven kommen. Die weitere Abklärung erfolgt dann in der Regel mittels Magnetresonanztomographie des Kopfes um den N. trigeminus, sowie das restliche Gehirnparenchym darzustellen. Eine Untersuchung des Liquor cerebrospinalis (Gehirn- und Rückenmarksflüssigkeit) gibt im Anschluss weitere Hinweise auf mögliche Ursachen der Erkrankung, gerade hinsichtlich möglicher entzündlicher Genesen.

Die Therapie richtet sich nach der zugrundeliegenden Ursache. Im Falle der idiopathischen Trigeminusneuropathie ist diese häufig selbstlimitierend und zeigt eine Besserung nach 2 bis 3 Wochen. In dieser Zeit erfolgt die Therapie ausschließlich unterstützend. Tiere die Probleme bei der Aufnahme von Futter und Wasser haben können eine Ernährungssonde erhalten um eine ausreichende Ernährung über diesen Zeitraum zu gewährleisten. Zusätzlich sollte bei Bestehen eines trockenen Auges der Einsatz von Tränenersatz erfolgen. Bei einer Neoplasie des N. trigeminus ergeht i.d.R. der Rat zur Bestrahlung des Tumors, während Entzündungen je nach Ursache medikamentell behandelt werden können.


Dr. Daniela Farke, Dipl. ECVN
Oberärztin Neurochirurgie, Neuroradiologie und klinische Neurologie,
Klinik für Kleintiere - JLU Giessen


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