Herkunft

Meningeome sind Neoplasien der Hirnhäute, welche aus entarteten Arachnoidalzellen hervorgehen. Sie können im Gehirn wie auch im Bereich des Rückenmarks wachsen. Da sie von den umgebenden Hirnhäuten ausgehen, liegen sie ausserhalb des Nervengewebes (extraaxial bzw. intradural-extramedullär) und haben primär kompressive Effekte auf das angrenzende Gewebe. Sie können je nach Grad und Bösartigkeit des einzelnen Tumors auch umliegendes Gewebe infiltrieren.

Vorkommen

Meningeome sind die häufigsten primären Gehirntumoren bei Hund und Katze. Am häufigsten wachsen sie im Bereich der Grosshirnhemisphären und seltener um den Hirnstamm und im Bereich des Rückenmarks.

Bei Hunden sind 33 - 49% aller primären Gehirntumoren Meningeome, wobei es häufiger ältere Tiere (95% älter als 7 Jahre) und langnasige (dolichocephale) Rassen betrifft. Überrepräsentierte Rassen sind Deutsche Schäferhunde, Collies, Golden Retriever und als brachycephale Rasse der Boxer. Meningeome im Bereich des Rückenmarks sind deutlich seltener (14%) und kommen am häufigsten im Bereich des Halsrückenmarks vor. Bei Hunden sind ebenfalls Meningeome im Bereich der Augenhöhle (orbital) und die Nasenhöhle umgebend (paranasal) beschrieben, was jedoch sehr selten vorkommt.

Spinales Meningeom Hund

Bei Katzen werden 56 - 59% der primären Gehirntumoren als Meningeome diagnostiziert. Multiple Meningeome sind insbesondere bei Katzen relativ häufig und kommen in 17% der felinen Patienten vor. Deutlich über 90% der intrakraniellen Meningeome wachsen im Bereich des Grosshirns. Ältere Katzen (> 10 Jahre) sind ebenfalls häufiger davon betroffen und seltener jüngere Tiere. Bei sehr jungen Tieren besteht ein gehäufter Zusammenhang mit einer Speicherkrankheit (Mukopolysaccharidose Typ 1). Spinale Meningeome bei Katzen sind sehr selten, und gerade 4% aller Meningeome befinden sich im Bereich des Rückenmarks.


Meningeom Katze


Klinische Symptome

Die klinischen Symptome sind primär abhängig von der Lokalisation des Meningeoms und können daher nicht verallgemeinert werden. Da Meningeome am häufigsten supratentoriell wachsen, sind Grosshirnsymptome zu erwarten. Dazu gehören epileptische Anfälle, Verhaltensänderungen, Kreiswandern, Sehstörungen und Lethargie. Bei Katzen sind Anfälle deutlich weniger häufig als bei Hunden.

Meningeome im Bereich der hinteren Schädelgrube (Hirnstamm und Kleinhirn) führen zu Gangstörungen (Tetraparese, Ataxie, Hypermetrie), Störungen des Bewusstseins (nur bei Meningeomen im Bereich bzw. Kompression des Hirnstamms) und multiplen Kopfnervenausfällen.

Die Kompression des Rückenmarks durch spinale Meningeome führt je nach Lokalisation zu Lähmungserscheinungen aller vier Gliedmassen (Tetraparese), einer Seite (Hemiparese) oder nur der Hintergliedmassen (Paraparese).
Orbitale Meningeome haben aufgrund der Kompression des N. opticus in erster Linie Sehstörungen zur Folge.

Da es sich bei Meningeomen um meist langsam wachsende, von aussen komprimierende Tumoren handelt, sind auch die Symptome oft schleichend progressiv. Jedoch kann es auch zu sehr akut auftretenden neurologischen Defiziten kommen, da die ersten, milden Symptome übersehen werden oder epileptische Anfälle das erste klinische Symptom ohne andere Auffälligkeiten darstellen.

12 jährige, mk, British Shorthair mit Anfällen und linkslateralisierter Grosshirnlokalisation
12 jährige, mk, British Shorthair mit Anfällen
linkslateralisierter Grosshirnlokalisation


Diagnose

Bei Tieren mit konstanten neurologischen Defiziten oder bei Hunden und Katzen mit Anfällen, welche älter als 6 Jahre sind und keine Auffälligkeiten in der Blutuntersuchung zeigen, empfiehlt sich eine weitere bildgebende Untersuchung. Da auch, insbesondere bei älteren Tieren, Metastasen eine mögliche Ursache darstellen, empfiehlt sich eine Untersuchung des Thorax und gegebenenfalls des Abdomens mit Röntgen, Ultraschall oder gar einer Computertomographie (CT).

Zur weiteren Untersuchung des Gehirns sind eine CT oder eine Magnetresonanz-Tomographie (MRT) des Gehirns notwendig.

Die Bildgebung des Gehirns zeigt meist relativ typische Veränderungen bei Meningeomen. Dabei handelt es sich um: extraaxiale, raumfordernde Läsionen, die oft breitbasig dem Schädel anliegen. Da sie ausserhalb des Gehirns oder des Rückenmarks liegen, zeigen sie eine deutliche bis starke Kontrastmittel-Aufnahme mit Oedem des darumliegenden Nervengewebes. Vor allem bei Katzen ist der angrenzende Knochen oft verdickt (Hyperostose in 70% der Fälle) und seltener kommt es gleichzeitig zur Auflösung des Schädelknochens (Osteolyse).Auch flüssigkeitsgefüllte Hohlräume (zystische Meningeome) und intratumorale Kalzifikationen werden gelegentlich gesehen. Aufgrund des Ursprungs im Bereich der Hirn-/Rückenmarkshaut kommt es zur Ausbildung eines sogenannten „dural tails“, welches eine neoplastische Infiltration oder eine Reaktion (Entzündung oder vermehrte Durchblutung) der angrenzenden Meningen darstellt.

Spinale Meningeome können mittels MRT, CT und Myelographie dargestellt werden. Die Myelographie zeigt eine intradural-extramedulläre Veränderung, welche jedoch auch durch andere Ursachen, wie z.B. durch Nervenwurzeltumoren, verursacht werden kann.

Zusätzlich zu den bildgebenden Verfahren kann eine Liquoruntersuchung die Diagnose unterstützen. Oft ist diese völlig unauffällig. Jedoch kann auch eine erhöhte Zellzahl (Pleozytose) vorhanden sein, welche generell auf eine Entzündungsreaktion hinweist. Insbesondere bei Meningeomen der hinteren Schädelgrube kann eine Erhöhung der neutrophilen Granulozyten gesehen werden. Generell kann bei Tumoren des ZNS eine Erhöhung des Proteingehaltes festgestellt werden, was den Tumorverdacht weiter bestätigt.


typisches transitionelles Meningeom Grad (chirurgische Entfernung)

Bei fraglichen Befunden kann eine Probenentnahme zur definitiven Diagnose führen. Im Falle eines intrakraniellen Tumors kann dies mit einer offenen Biopsie mittels Eröffnung der Schädeldecke (Kraniotomie) oder mittels Nadelbiopsie (oft CT- oder MRT gesteuert) erfolgen. Da die radiologischen Befunde meist recht typisch sind wird im Falle einer gut zugänglichen Läsion jedoch eine direkte, vollständige Entfernung bevorzugt. Bei einem spinalen Meningeom ist generell eine Eröffnung des Spinalkanals notwendig, weshalb in diesem Fall eine direkte Entfernung des Tumors angestrebt wird.

Eine endgültige Diagnose kann nur mittels histopathologischer Analyse des Gewebes erfolgen. Dabei werden drei Grade (I – III) von Meningeomen unterschieden. Grad I Meningeome sind gutartige, gut abgegrenzte und langsam wachsende Tumoren ohne Anzeichen von Malignität oder Infiltration. Bei Grad II Meningeomen handelt es sich um sogenannt anaplastische Meningeome, welche Anzeichen von Malignität (≥ 4 Mitosen/10 HPF, Verlust der Architektur, hohes Zellkern : Zellverhältnis, Makronukleoli, Hyperzellularität, Nekrose) und Infiltration ins umliegende Gewebe zeigen. Bei den Grad III Meningeomen handelt es sich um aggressive Formen, welche viele Mitosen (≥ 20 Mitosen/10 HPF), Anaplasie und Infiltration des Nervengewebes zeigen. Bei Katzen handelt es sich meist um Grad I Meningeome, und es wurden bisher keine Grad III Meningeome beschrieben, weshalb eine vollständige Entfernung mit einer günstigen Prognose eher möglich ist.


Behandlung

Bei Meningeomen gibt es verschiedene Therapiemöglichkeiten. Eine palliative (untertützende) Therapie kann mittels Steroiden zur Behandlung des Gehirnoedems und in akuten Fällen mit Mannitol und mit Antiepileptika bei Tieren mit epileptischen Anfällen behandelt werden. Dabei wird nicht spezifisch behandelt und die Überlebenszeit ist in der Regel kurz (wenige Monate).

Eine wirksame, spezifische Therapie bedingt bei Meningeomen in der Regel eine chirurgische Entfernung oder eine Strahlentherapie. Diese können auch in Kombination eingesetzt werden. Da Meningeome bei Katzen in der Regel gut abgegrenzt sind und das Gehirngewebe nicht infiltrieren, ist die chirurgische Entfernung nach Eröffnung der Schädeldecke die Methode der Wahl, wenn die Neoplasie an einem zugänglichen Ort im Bereich des Schädels liegt. Katzen mit Meningeomen im Bereich der hinteren Schädelgrube haben eine schlechtere Prognose und die Risiken von intraoperativen Komplikationen sind höher. In einer aktuellen Studie zeigten Katzen mit erfolgreicher chirurgischer Entfernung Überlebenszeiten von über 3 Jahren. Intraoperative Komplikationen sind bei geeigneter Stelle gering und betrugen in dieser Studie 6%. Die Chance eines erneuten Wachstums des Meningeoms ist je nach Studie sehr variabel und liegt zwischen 8-39%. Da in der Regel nicht alle Tumorzellen entfernt werden, muss von einem erneuten Wachstum ausgegangen werden.

Die chirurgische Entfernung bei caninen Meningeomen zeigt unterschiedliche Resultate und steht im Zusammenhang mit dem histologischen Grad des Tumors. Bei invasiven Meningeomen erscheint die Strahlentherapie das Mittel der Wahl. Eine Kombination von chirurgischer Dekompression mit anschliessender Bestrahlung zeigt Überlebenszeiten von durchschnittlich 18 Monaten. Beim Hund bestehen weiterhin Unklarheiten, bei welcher Methode es sich um die Behandlung der Wahl handelt. Je nach Studie werden ähnliche mittlere Überlebenszeiten von 1.5 Jahren mit Chirurgie, Strahlentherapie oder einer Kombination dieser beiden berichtet. Bei Tumoren, die chirurgisch nicht erreichbar sind, ist die Strahlentherapie das Mittel der Wahl.

Eine chemotherapeutische Behandlung von Meningeomen ist möglich, jedoch bestehen Unklarheiten über die Medikamente der Wahl. Hydroxyurea, Lomustine und Nitrosylcobalamin werden als mögliche Optionen beschrieben, wobei sie meist in Kombination mit Chirurgie oder Strahlentherapie eingesetzt wurden. Eine rein medikamentelle Therapie erscheint aktuell weniger effizient zu sein als die Behandlung mittels Strahlentherapie und/oder Chirurgie. Klare Richtlinien zur Behandlung von caninen und felinen Meningeomen bestehen weiterhin nicht.